30.03.16

Blog-Stöckchen mit Fragen drauf


Gestern hat mir Kaid vom Unknown-Armies-Blog ein Stöckchen zugeworfen. Mal gucken, ob ich die Fragen beantworten kann, ohne euch zu Tränen zu langweilen.


1. Welches Rollenspielprodukt hat dich persönlich am meisten geprägt?

Eindeutig Cthulhu. Es hat mir gezeigt, was neben Dungeons noch möglich ist und dass es andere Spielstile als den gibt, den ich damals kannte. Es hat mir eine ganze Welt eröffnet. Als wir es das erste Mal spielten, war das furchtbar. Wir wussten überhaupt nicht, was wir tun. Das kam erst später. Außerdem war meine erste "echte" Publikation für Cthulhu.


2. Was ist die beste Regel, die dir je in einem Rollenspielsystem untergekommen ist, welches die schlechteste?

Puh, das ist schwer. Regeln sind einfach viel zu stark von der jeweiligen Spielumgebung abhängig, um genau qualifiziert werden zu können.Die schlechteste Regel aller Zeiten ist vielleicht die Menschlichkeit von Vampire: die Maskerade. Wir mussten sie konstant ignorieren, um ein funktionierendes Spiel zu bekommen und alle Versuche, das zu ändern, endeten im Desaster. Die beste Regel könnte die geistige Stabilität bei Cthulhu sein, einfach weil sie uns damals zeigte, dass es andere Dinge als Attribute und Trefferpunkte gibt. Und sie ist einfach witzig. ("Ich gucke mal in die Kühltruhe." – "Würfele auf geistige Stabilität!" – "Was?!" ... Das Gesicht der Spielerin war Gold wert.)


3. Wenn du heute nochmal eine Spielrunde starten könntest, die inhaltlich und vom Stil her genau so läuft wie deine allererste, würde das funktionieren? Warum?

Ich denke schon. Ich habe viel über Dungeons dazugelernt und würde sie heute anders leiten, obwohl der Stil sehr ähnlich wäre. Das Abenteuer selbst ("Gefangen im Goblinbau" aus der Zeitschrift "Drache", die meiner roten D&D-Box beilag) würde heute definitiv noch funktionieren und wahrscheinlich einen Heidenspaß machen.


4. Was vermisst du heute am Rollenspiel, was vor 20 Jahren (bzw. in den ersten Jahren, als du angefangen hast) noch anders und viel besser war?

Es war jung und unverbraucht. Heute habe ich schon zu viel gesehen, um so unbekümmert an das Spiel heranzugehen wie damals. Ich möchte meinem Vorredner außerdem zustimmen, was Rollenspielzeitschriften angeht. Die vermisse ich auch.


5. Welche Settings sind im deutschsprachigen Raum deiner Meinung nach völlig unterrepräsentiert?

Alle außer Fantasy.


6. Welches ist dein Lieblingswürfel und warum?

Da habe ich keine echte Präferenz. Wenn ich einen wählen müsste, dann wäre es vermutlich der W6 wegen seiner Einfachheit. Zum Glück muss ich nicht wählen.


7. Wenn es Pen-&-Paper-Rollenspiele nicht geben würde, was hättest du mit der Zeit, die du in das Hobby investiert hast, gemacht?

Rollenspiel hat meine Jugend derart stark geprägt, dass ich das nicht sagen kann. Vielleicht hätte ich mich vom Musikhören auf das Musikmachen verlegt, wer weiß. Obwohl ich über das Rollenspiel an das Schreiben gekommen bin, denke ich aber, dass ich so oder so beim Tippen von Texten gelandet wäre. Vielleicht hätte ich mit Plattenkritiken für Gothic-Zeitschriften angefangen. Mit ziemlicher Sicherheit hätte ich meine Umwelt mit schlechter Fan-Fiction traktiert, die mir heute ungeheuer peinlich wäre.


8. Gibt es einen Spielercharakter, der dir in all den Jahren in Erinnerung geblieben ist? Warum?

Oh ja: Angar, der Druide, der mich von 1989 bis weit in die 2000er begleitete und mehrere DSA-Editionen durchlebte. Ein dünner, geschwätziger Mann mit grauen Haaren, ansonsten eher gesichtslos, aber nun mal die Figur, mit der ich damals in meine DSA-Runde eingestiegen bin.


9. Gibt es einen Nichtspielercharakter, der dir in all den Jahren in Erinnerung geblieben ist? Warum?

Er hieß Juggler. Unser erster Versuch, Vampire: die Maskerade zu spielen scheiterte furchtbar. Lange Zeit später gab es einen zweiten Versuch und das war das beste Wochenende Rollenspiel, das ich je erleben durfte. Es passte einfach alles: Die Stimmung war der Hammer, die Spieler waren von der erste Sekunde an hochmotiviert, ich hatte als Spielleiter das ganze Wochenende zum richtigen Zeitpunkt die richtige Idee, und während einer Raucherpause hörten wir traurige Geigenmusik aus einem Fenster der Nachbarn. Juggler war eine wichtige Figur in der Stadt Gary, die sowohl im Regelwerk als auch im ersten Städtebuch für Vampire, "Chicago by Night", eine präsente Rolle einnahm. Juggler, ein Anarchen-Brujah mit Attitüde, war die zentrale Figur des Abenteuers und beeindruckte mich als Spielleiter wahrscheinlich genauso wie die Spieler. Er war witzig und gefährlich, aber alles andere als perfekt. Er war jedenfalls ein toller Gegner.


10. Wird Pen & Paper auch in Zukunft noch den selben Stellenwert für dich persönlich haben?

Unbedingt ...


Dann gibt es noch die Bonusfragen:


B1 Die Grenzen zwischen Rollen- und Brettspiel sind fließend, so kann man etwa mit GURPS die Schlachten gegen den Riesenpanzer Ogre nachspielen, mit Lords of Waterdeep in die Intrigen der Forgotten Realms eintauchen oder mit Doomtown um die Kontrolle der Stadt Gomorra in Deadlands kämpfen. Wo sähest Du gerne eine Umsetzung vom Rollen- zum Brettspiel (oder umgekehrt), und wie sähe diese aus?

Ein Brettspiel darf meiner Meinung nach nicht zu lange dauern. Die meisten Rollenspiel-Brettspiele dauern aber sehr lange. Mit den aktuellen D&D-Brettspielen (Castle Ravenloft, Temple of Elemental Evil, etc.) habe ich eigentlich gefunden, was ich suche. Wenn diese Spiele mit mehr Abwechslung und Wiederspielwert versehen werden könnten, hätte ich wahrscheinlich mein persönliches Brettspiel-Mekka erreicht.

Mir fällt gerade ein: Prince of the City ist ein grandioses Brettspiel, wie ich finde. In dieser Richtung, nur etwas schneller und nicht ganz so komplex würde ich auch gern mal wieder etwas sehen.


B2 Bleiben wir beim Brettspiel: Während (meiner Meinung nach) im Rollenspiel bei den Kernmechanismen in Form von Zielwurf, Unterwürfeln, Gummipunkten oder ähnlichem oftmals große Ähnlichkeiten zwischen den Systemen vorzufinden sind, gibt es bei Brett- und Kartenspielen eine ungeheure Vielzahl von Mechanismen und Variationen. Gibt es einen Mechanismus aus einem Brett- oder Kartenspiel, der in Deinen Augen die Möglichkeiten von Rollenspiel lohnenswert erweitern würde?

Ich habe bisher keinen gefunden, habe Brettspielmechanismen bisher aber noch nie aktiv analysiert, um das wirklich zu beurteilen.


Ich gebe das Stöckchen an die Veranstalter der Winter-OPCs weiter: Greifenklaue und den Würfelheld.

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